100 Jahre Segelverein Wümme e.V.:
Unser Segelverein wird 100 Jahre alt. Ein Bericht von Jutta Barth:
Horn-Lehe. Auch wenn die Stadt in den letzten einhundert Jahren immer näher gerückt ist, so ist das Blockland doch immer noch eine herrliche Landschaft, in der sich der erste Bremer Wassersportverein einst niedergelassen hat. Am 23. August 2011 konnten die Mitglieder auf die 100jährige Geschichte ihres Segelvereins „Wümme“ zurückblicken. Gefeiert wurde dieses Ereignis einige Tag später am 27.August im Bootshaus Kuhsiel mit vielen Gästen, darunter die benachbarten Wassersportvereine, Stammgäste vom Kanu-Club Rönnebeck, die Feuerwehr Lehester Deich, der Wasserschutzpolizei, Vertreter des Landeskanuverbandes Bremen, sowie die Schiffsmodellbauer aus dem eigenen Hause. In seiner Begrüßungsrede blickte Werner Lehmann, der Erste Vorsitzende des Vereins, zurück auf 100 Jahre Vereinsgeschichte. Auf den Blocklandgewässern gab es bis zur Gründung des Segelklubs „Wümme“ im Jahr 1911 noch keinen organisierten Wassersport. Damals verkehrten auf der Wümme, der Hamme, dem St.-Jürgen-Kanal, der Wörpe und der Semkenfahrt hauptsächlich Torfschiffe. Zum Torfverkauf segelten die Torfschiffer auf der Hamme in Richtung Bremen und zurück zu den Moordörfern. Auf ihren Wegen mussten zahlreiche Stauwerke überwunden werden. Davon betroffen waren auch die Segler, die sich später zu einer Gemeinschaft zusammenschlossen, um gemeinsam die Hindernisse bewältigen zu können. Aus einer solchen Gemeinschaft heraus beschlossen vier sportbegeisterte Segler, am 23.August 1911 einen Klub zu gründen und gaben diesem den Namen Segelklub „Wümme“. Maßgeblich an der Gründung beteiligt waren Hermann Wedermann und Hermann Beckröge. Die erste Vereinsanlage entstand im Jahre 1912 an der Munte zwischen dem heutigen Hotel und der Bahnstrecke. Der Verein hatte zwar einen kleinen, aber eigenen Hafen. Das Ziel war vorerst erreicht. Der Segelklub „Wümme“ bestand im Jahr der Gründung nur aus wenigen Mitgliedern. Das änderte sich jedoch sehr bald, denn kurze Zeit später erlebte der Wassersport im Blockland einen vorher nicht geahnten Aufschwung. Da der Anmarsch über den Kuhgraben zeitraubend und aufwändig war, entstand bald der Gedanke, in Kuhsiel ein Bootshaus zu errichten. Für 25 RM erwarben die Mitglieder Bausteine, um den Bau zu finanzieren und mit viel Eigenleistung entstand 1926 das heutige Bootshaus. Der Vereinsname wurde bald darauf in Segelverein „Wümme“ umbenannt. Das 50 Jahre alte Vereinsschild ist im Frühjahr dieses Jahres durch einen Sturm vom Bootshaus heruntergerissen worden. So war es für die Vereinsmitglieder jetzt eine Überraschung, als der Schiffs-Modell-Club Bremen e.V. zur Feier des Tages ein neues Schild enthüllte. Fast so lange wie das alte Schild sind auch bereits einige Mitglieder im Verein. Die goldene Ehrennadel für 50 Jahre Vereinsmitgliedschaft bekam Dieter Tarnowsky.
Bernd und Dörte Meyer sowie Wolfgang Sauer wurden für eine 40jährige Mitgliedschaft von Werner Lehmann im Rahmen der 100-Jahres-Feier geehrt. Als 1965 das Schöpfwerk für die Entwässerung Bremens gebaut wurde, erhielt der Verein überraschend einen neuen Wasserlauf direkt hinter dem Bootshaus und damit eine neue Steganlage. Von nun an war der Segelverein „Wümme“ der einzige Segelverein, der auf einer Insel beheimatet ist. Da das umliegende Revier den Segelsport schon lange nicht mehr zuließ, haben sich die Segler des Vereins eine neue Bleibe in Hasenbüren gesucht. Übriggeblieben sind von den vielen Seglern leider nur fünf Boote. Eines davon gehört Werner Borchers. Er ist zur Feier des Tages mit seinem Segelboot extra von Hasenbüren herübergekommen. Sein Boot hat er am Ufer der Wümme festmachen müssen, da es mit 135 cm Tiefgang keine Chance hat, durch die Schleuse in den nur einen Meter tiefen Kuhgraben zu gelangen. Die Schleuse war es auch, die dem Verein im Jahre 1993 die größte Sorge bereitete. Nachdem sie sich nicht mehr öffnen ließ, hieß es, sie würde nicht mehr repariert werden. Alle größeren Boote wurden damals mit einem Tieflader vom Kuhgraben in die Wümme gebracht. Damit hatte der Verein etliche Vereinsmitglieder verloren, die auch nicht wiederkamen, als die Schleuse dann doch noch repariert wurde. Als die neue Schleuse 1997 eingeweiht wurde, war die Vereinsanlage bis auf ein paar Paddelboote leer. Die Gewinnung von neuen Vereinsmitgliedern erwies sich als recht schwierig. Junge Leute waren für den Sport des Wasserwanderns nicht zu begeistern. Der Verein zählt heute 65 Mitglieder, die Jüngste ist 23 Jahre alt, Ehrenmitglied Hermann Tesch ist mit 88 Jahren der Älteste. Mit seinem Schiff „Ottchen Alldag“ Baujahr 1960, ist er schon über 40 Jahre im Verein. „Früher bin ich oft bis Bederkesa gefahren“ erzählt er. Heute begleitet ihn sein Sohn auf seinen Fahrten. Neu belebt wurde das Vereinsgelände im Jahre 2000, als der Schiffs-Modell-Club Bremen e.V., kurz SMC genannt, mit in das Bootshaus einzog. Von den 65 Mitgliedern ist die Hälfte aktiv dabei, wenn sie sich jeden Mittwoch um 19 Uhr treffen. Dann werden Schiffsmodelle gebastelt, die einmal im Jahr an der großen Veranstaltung am Achterdieksee teilnehmen. Vom 16. bis 18. September ist es wieder soweit. Für drei Tage schlagen dann rund 120 Teilnehmer dort ihre Zelte auf und führen ihre Schiffsmodelle vor. Heute basteln sie mit den Kleinen eine ganze Flotte Segelschiffe, die sie anschließend gemeinsam ins Wasser lassen. Und die Miniboote schwimmen fast so gut wie das „MS Kuhsiel“ von Dörte Meyer, das im ganzen Umkreis älteste Motorboot aus dem Jahre 1925. Ein Boot „wie aus der Werft“. „Es braucht einen Liter Diesel pro Stunde“, erklärt sie beim Ablegen zu einer Rundfahrt um die Insel. Zurück an Land erwartet die Gäste bereits der Shanty-Chor Bekedorf, der nach dem morgendlichen Regen neben Kaffee und Kuchen noch einmal für richtig gute Laune sorgt. Der elfjährige Finn ist mit seinem Freund Djenis da. Die beiden kommen oft mit den Eltern hier her, die einen großen Kanadier haben, um ihre Schiffsmodelle fahren zu lassen. Finn hat aber auch ein eigenes Kajak, mit dem die beiden Jungs gerne auch mal ohne die Erwachsenen – aber mit Schwimmwesten, das ist doch klar! – die Umgebung erkunden. Finn als Schiffseigner ist dann der Steuermann und umrundet mit seinem Freund gerne die Insel. Dabei können sie viele Tiere beobachten und manchmal auch einen schönen Sonnenuntergang. Beide haben auch schon mal eine Kajaktour zu zweit zum Hof Kaemena gemacht, um dort ein Eis zu essen. „Für Stadtkinder ist der Segelverein eine tolle Möglichkeit, die Natur und die schöne Landschaft hautnah zu erkunden“ erzählt Stephanie Wolter-Rebihic, die Mutter von Djenis. Und die beiden Freunde ergänzen, dass sie manchmal einfach zum Zelten herkommen und mit den anderen Vereinsmitgliedern grillen, von denen einige ihr eigenes Bootshaus in unmittelbarer Nachbarschaft haben. Vieles hat sich in den Jahren verändert. Das Vereinsleben aber ist geblieben. Alle sind dabei, wenn es heißt „Klar Schiff machen, es geht los!“. Die Motorboote tuckern langsam durch Wümme, Lesum und Weser, um die Kameraden in Rönnebeck zu besuchen. Und die Paddler erleben beim fast lautlosen Dahingleiten durch die Wiesen die Natur hautnah. Die Wassersportler im Blockland hoffen, dass dies immer so bleibt.